tobias wrote:
Hallo Tobias,
Post by tobias[EU-Abwaser-Verordnung schiesst über das Ziel hinaus]
Ich hatte mal einen Umbau Bauernhof, der musste, trotz Viehhaltung,
die Fäkalien über eine Druckleitung entsorgen (mehrere 100 m),
statt auf dem Misthaufen. Die Regelungen hier sind teilweise
nicht nur fragwürdig, sondern schwachsinnig. Jahrhundertelange
Kreislaufwirtschaft wird so plötzlich zur "Sondermüllwirtschaft"
mit all den Folgen wie Energiekosten, Betriebskosten, weiterer Müll.
Ich widerspreche ja nur ungern, aber gerade die Landwirtschaft trägt
zum großen Teil dazu bei, dass Schadstoffe in das Grundwasser
eingetragen werden.
Die von Dir beschriebene Kreislaufwirtschaft funktioniert nicht mehr.
Es wird eigentlich mehr Gülle ausgebracht, was die Böden vertragen. Die
Nitratbelastung der Böden steigt beständig. Zur Zeit hat die BRD sogar
ein EU-Verfahren am Hals, weil sie angeblich zu wenig zur Eindämmung
der Belastungen tut. (Natürlich muss man sehen, dass neben
Umweltbedenken auch ganz handfeste wirtschaftliche Interessen der
Tierzuchtlobby anderer EU-Staaten hierbei eine Rolle spielen).
Im Vergleich zum Tierbestand sind die Flächen, auf denen Gülle
ausgetragen wird, einfach zu klein. Hinzu kommt, dass viele Landwirte
unreife Gülle, in zu großer Menge und in zu kurzen Abtsänden
ausbringen, Motto: Hauptsache, weg mit dem Zeug und wer kontrolliert
denn schon, ob die Bestimmungen denn auch eingehalten werden.
Neben der oftmals nicht unerheblichen Luftbelastung ist der erste
sichbare Hinweis die Braunfärbung von Bächen. Dies kann man nahezu
durch ganz DE beobachten. Unsinnigerweise werden die Bäche oder
Entwässerungsgräben auch noch fast jedes Jahr ausgebaggert, d.h. dass
sämtliches Gewächs, das sich an den Uferböschungen angesiedelt hat,
abgehoben wird. Dadurch wird die Fließgeschwindigkeit des Bachlaufes
erhöht *und* es gibt keine Beflanzung mehr, die zum Abbau der
eingebrachten Stoffe beitragen könnten, insbesondere gerade zu der
Zeit, in der hauptsächlich Gülle ausgebracht wird. Die Begründung der
Kommunen, dass der Aushub notwendig sei, um einen sicheren Ablauf zu
gewährleisten, ist hirnrissig und kostenintensiv, zu Lasten des
Steuerzahlers. Ich habe mir schon den Mund fusselig geredet. Geht die
Gemeinde dann doch auf meinen Vorschlag ein, so findet sich irgenwo ein
Landwirt im Ausputzwahn, der dann in Privatinitiative wieder Ordnung
schafft, um das jährliche Ritual dann in Eigenregie auszuführen. Es ist
zum Mäusemelken, oder in Abwandlung an Einsteins Zitat: Die Dummheit
mancher Leute ist unendlich.
Das andere Problem ist der präferenzielle Eintrag von Protozoen und
anderen Gülleninhaltsstoffe tief in den Boden. Untersuchungen haben
ergeben, dass ein Grossteil der Stoffe nicht in den Humusschichten
bleiben, sondern durch Risse im Erdboden (insbesondere bei trockener
Witterung wie letzten Sommer), durch Wurmgänge, verrottete Wurzeln etc,
ein Grossteil der Gülle in Tiefen von bis zu 2 Meter und mehr dringt.
Man kann das mit Farbindikatoren sehr gut feststellen. Nur aus dieser
Tiefe holt kaum eine Feldfrucht noch ihre Nährstoffe, so dass
Bakterien, Protozoen und alle möglichen chemischen Inhaltstoffe der
Gülle zum großen Teil nach und nach ins Grundwasser sickern.
Grob verallgemeinernd lässt sich daher sagen, dass die Landwirtschaft
zum größten Teil zur Verunreinigung des Grundwassers beiträgt.
Neben der Verunreinigung durch Mikroorganismen, die normalerweise
nichts dort verloren haben, steigt vor allem der Gehalt an Hormonen
oder hormonähnliche Substanzen, an Antibiotika und anderen
ausgeschiedenen Medikamenten und an Nitrat.
Ob und wiefern nun Nitrat tatsächlich schädlich ist, ist eine
Streitfrage. Unter Fachkreisen wird die allgemein vertretene These der
krebserregenden Wirkung von Nitrat bezweifelt, und zum Teil sogar das
Gegenteil behauptet. Wie auch immer der Gelehrtensstreit ausgehen mag,
so ist die Entfernung von Nitrat aus dem Wasser eine teure und auch
nicht triviale Angelegenheit. Die Entfernung von Hormonen oder
Medikamenten ist zum großen Teil noch gar nicht erforscht, will sagen,
es gibt kaum praktikable Methoden, die finanziell tragbar wären.
Auf die Beeinträchtigung der Wassertierchen, die unter anderem zur
Reinhaltung der unterirdischen Wasserwege beitragen, habe ich in dieser
NG ja schon öfters hingewiesen.
Grüße
Harald
Post by tobiasIch bin ein Befürworter der Abwasserklärung, aber teilweise frage
ich mich, warum mir vieles schwachsinnig erscheint.
Die ist an sich ein ungeheurer Vorgang. Ich habe seinerzeit für
meinen Kanalanschluss runde 20 tausend TEuros gelöhnt, zahle
Kanalgebühren, die horrend sind.
Das ist teuer.
Ich hatte seinerzeit vor, eine eigene Klärung
durchzuführen, was natürlich abgelehnt wurde. Leider hatte ich nicht
den Nerv vor Gericht zu gehen (was vermutlich auch erfolglos
ausgegangen wäre).
Im Prinzip geht es darum, die Verfügungsgewalt über das Wasser derm
Bürger wegzunehmen (z.B. auch durch Zwangsanschluss an öffentliche
Trinkwasserversorgung) und natürlich auch darum, dass sich die Kosten
der Kläranlage auf möglichst alle Schultern verteilt.
Die Abwasseraufbereitung häuslicher Abwässer lässt sich in dörflichen
Gebieten sicherlich mit zentralen "biologischen" Kläranlagen lösen,
in Ballungszentren jedoch wegen des Flächenbedarfes nicht. Zum
anderen kommen diese Anlagen nicht immer klar mit industriellen
Abwässern.
Wenn man sich mal überlegt, dass ein Grossteil des häuslichen
Abwassers durch die Klospülung entsteht, wird der Wahnsinn zum
System: Mühsam aufbereitetes Trinkwasser, um die Kacke wegzuspülen.
Gerade hier wären die Planer gefragt. Es gibt genügend
Trockenklosysteme, die ohne Geruchsbelästigung funktionieren. Sogar
ganz neue Absatzwege und Arbeitsplätze könnten erschlossen werden.
solche Systeme flächendeckend einzuführen.. Allein es fehlt der
politische Wille, es fehlt die Aufklärung, die Macht der Gewohnheit
ist wohl einfach zu gross.
Ich hatte anfangs so eine Komposttoilette :-) Allerdings muss ich
sagen, dass Gäste meist zu edepedede waren, diese zu benutzen.
Funktionierte eigentlich problemlos (Kostenpunkt 400 Euro). Dann hab
ich sie stillgelegt, nachdem meine monströse Klär- und
Versickerungsanlage fertig war. Den Inhalt hab ich im Garten
vergraben und ein paar Kürbisse drübergeplanzt ... :-)
Ich kann zumindest sagen, dass eine Eigenkläranlage incl. Tank,
Drainage, Bagger, Kiesarten, Drainageleitungen, Geotextil bei 3 m3
Grube und 40 lfdm Versickerung ca. 1600 Euro kostet, macht man alles,
außer dem Aushub, selbst. Gemessen an den Anschlußkosten Kanal ist
das preiswert, und es entfallen die Gebühren.
Nun ja, wie erzählte meine Nachbarin. Früher wurde der Nachttopf in
den Garten gekippt. Da wuchsen dann die dicksten Kohlköpfe, vor der
Toilettenzeit sozusagen :-)
Ich weiß nicht. Die hatte dicke Kohlköpfe und wir heute Klärschlamm,
--
[Formerly appended fullquote was nuked by morver,
the versatile morphing server.]